“Es ist ein Trugschluß, daß man dem Antisemitismus entgegentritt, in dem man Israel beisteht”

Was Israel in Gaza veranstaltet, ist von Woche zu Woche schwerer zu ertragen. Während es in der älteren und vor allem in der jungen Linken an den Universitäten eine eingeübte Solidarität mit Palästina gibt, lässt sich eine solche Behauptung gegenüber jüdischen Freunden viel schwerer durchstehen. In einigen Beiträgen dieses Blogs war dies schon spürbar. Es lässt sich aber auch fragen, wie lange die “deutsche Staatsräson” der unbedingen Solidarität mit Israel, mit ihrem schwer lastenden, gleich schaltenden Gewissensdruck, noch aufrecht zu halten ist. Im folgenden eine kleine Sammlung von Zitaten, die auf eine unaufgeregte Art das Bewusstsein erhellen und ein wenig immunisieren gegen den Vorwurf, man sei antisemitisch, wenn man Israel kritisiere.
Anmerkung: Heute schreibt der MAC nicht selbst, weil er sich auf eine kleine Operation am rechte Auge ausredet, die allerdings harmlos und gut verlaufen ist. Am rechten Auge mal blind zu sein, kann aber gar nicht schaden – wie es hoffentlich dieser Sonderausgabe des MAC Blog anzumerken ist. Wir treffen uns in der Kommentarspalte, naja.

„Juden, Zionisten und Israel sind mitnichten identische Kategorien, und sei´s, weil nicht alle Juden Zionisten sind, nicht alle Zionisten Israelis und nicht alle Israelis Juden. Und weil Juden, Zionisten und Israel nicht gleichzusetzen sind, sind auch (negativ gewendet) Antisemitismus, Antiszionismus und Israelkritik voneinander zu unterscheiden. Man kann Zionist sein, und dennoch Isrel kritisieren. Man kann Jude sein, ohne dem Zionismus anzuhängen. Man muss nicht antisemitisch sein, um sich gegen den Zionismus zu stellen und Israel für seine Politik zu kritisieren. Wohl kann ein Israelkritikr auch anstisemitisch sein, aber das besagt nicht, daß ein zwingender Kausalzusammenhang zwischen beiden Kategorien besteht. ,Israelbezogender Antisemitismus´ ist primär ein Slogan, um legitime und notwendige Israelkritik zu verhindern, nicht um Antisemitismus zu bekämpfen.“
Moshe Zuckermann, Professor für Geschichte und Philosophie an der Universität Tel-Aviv

“Wir leben nicht im Zeitalter der Bibel, nicht des Korans, sondern wir leben im Zeitalter der UNO.“ Gemeint ist damit die Resolution 242 des Sicherheitsrates, mit der zwei Staaten an den Grenzen von 1967 festgelegt wurden. „So ist das Recht, und das müssen wir endlich umsetzen.“ 
Daniel Cohn-Bendit, Politiker und Publizist, “Pflasterstrand”, “taz”, SDS, APO, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, ehem. Mitglied des Europäischen Parlament

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Deborah Feldman

„Es ist ein Trugschluss, dass man dem Antisemitismus entgegentritt, indem man Israel beisteht. Den hiesige Rechte haben kein Problem mit Israel. Juden ins Israel sind für die AfD beispielsweise kein Problem, denn sie sind weit weg, in ihrem eigenen Ethno-Nationalstaat.“
Deborah Feldman, Autorin von Buch und TV-Serie „Orthodox“

Bei einer Kunstperformance am 30.11.2023 in Berlin lasen schwarz gekleidete und maskierte Studenten die Namen von Kindern vor, die bei Israels Angriffen auf Gaza getötet worden waren, und hielten ihre rot angemalten Handflächen in die Höhe. „It´s not complicated“, stand in grossen Lettern auf dem Boden und auf Transparenten, „Stop Colonialism“ und „Free Palestine“.
„Die verstehen gar nicht, daß es auch Antisemitismen gibt, die aufgerufen werden, wenn man bei Israel vom White Colonial State redet.“
Eleni  Manolopoulos, Kunststudentin, UdK Berlin

„Die arabische Community hat in der Vergangenheit Solidarität mit der ,Black Lives Matter´-Bewegung gezeigt, weshalb nun auch Schwarze auf Seiten der Palästinsenser stehen. Es ist eine Solidarität der Unterdrückten. Die meisten Teilnehmer sind unter 30 Jahre.“
Lilah Saber, interreligiöse Organisation „Power“ in Philadelphia, USA

„Viele Menschen am afrikanischen Kontinent haben den Konflikt eher durch die religiöse Brille gesehen, da die zwei großen Religionen Afrikas – Christentum und Islam – ihre Wurzeln beide im Nahen Osten haben. Die Christen tendieren zur Unterstützung Israels, oft in der irrigen Annahme, dass sich auch die Juden mit Jesus Christus als Gottessohn iidentifizieren. Die Muslime sehen den Kampf als religiös und tendieren zur Unterstützung der Palästinenser. Christentum und Islam haben beide den Boden, auch den gedanklichen, für Afrikas Beherrschung durch fremde Mächte bereitet.
Viele afrikanische Intellektuelle hinterfragen die Obsession der Welt vom Nahostkonflikt, während gleichzeitig über die fürchterlichen Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent hinweggesehen wird. Sie verweisen zum Beispiel auf den Konflikt in der Region Darfur in Sudan, wo etwa eine Million Schwarze getötet worden sind, anscheinend als Teil eines Vorhabens, sie von ihrem an natürlichen Reichtümern gesegneten Land zu entfernen.
Auf zunehmenden Widerhall stößt in Afrika die Kritik an den Ratschlägen der internationalen, insbesondere der westlichen Gemeinschaft, dass die Afrikaner sich nicht immer über den Kolonialismus und die Sklaverei beschweren, sondern einen Schlussstrich ziehen sollten. Kritisch wird daran gesehen, dass die Welt wegen des 80 Jahre zurückliegenden Holocausts der Juden mit Israel sympathisiert, während die koloniale Ära in Afrika erst in den 1970er Jahren und die südafrikanische Apartheid in den 1990er Jahren endete.Man kann einigen Westmächten zugutehalten, dass sie davon Notiz nehmen. Der deutsche Präsident Frank-Walter Steinmeier entschuldigte sich neulich in Tansania für die Kolonialverbrechen, die Deutsche zu Beginn des 20. Jahrhunderts in dem ostafrikanischer Land begangen haben.
Joachim Buwembo, Ostafrika-Korrespondent der “taz”

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