Der künstlich intelligente Mann auf der Couch

Jetzt ist es geschehen, war ja auch an der Zeit. Eine Tochter des MAC hat bei Chatbot eingegeben: „Fasse mir das Buch zusammen Mann auf der Couch“. Chatbot ist ein mit ChatGPT vergleichbarer, kostenloser KI-Textgenerator. Hhhhmmm. Jetzt wird´s spannend. Wenigstens für den MAC, seine Tocher und vielleicht auch für Leser, die das Buch kennen. Wie fit ist diese „Künstliche Intelligenz“ wirklich? Kriegt sie den ausufernden Text akkurat „zusammengefasst“? Oder bringt sie der „Mann auf der Couch“ komplett durcheinander? (Den KI Text zu „Mann auf der Couch“ findet ihr weiter unten im Original.)

Skepsis ist angebracht, denn nach der anfänglichen weltweiten Begeisterung, die der Konkurrenz-App Chat GPT über 100 Millionen Downloads bescherte, wird jetzt immer öfter berichtet, die KI würde immer dümmer, statt gescheiter. “Computer wissen einen Dreck. Gibt man Müll rein, kommt auch Müll raus“, schrieb schon 1972  der Hippie-Intellektuelle und spätere Pionier der digitalen Kultur, Stewart Brand, in einer Reportage über die ersten Computerspieler an der Stanford University, die im „Rolling Stone“ erschien. Scheint so, als habe sich bis heute nichts daran geändert.

KI leidet unter „KIKannibalisierung“ und produziert „Halluzinationen“

In der  Süddeutschen Zeitung berichtet Andrian Kreye, seit Wochen häuften sich die Beschwerden, dass die Chatbots der Firma Open AI, also vor allem ChatGPT, zwar immer schneller würden, die Texte, die sie produzieren, aber auch immer fehlerhafter, schlechter, dümmer. Wenn sich KI mit den eigenen Daten füttere, käme es zur “KI-Kannibalisierung” Nun sei es schwierig, ein technisches Phänomen zu fassen, das nicht messbar ist. Auffällig sei aber ein Rückgang der Nutzungszeit insgesamt (zehn Prozent) und der Downloads dieser künstlichen Intelligenzen (38 Prozent). Viele Nutzer schienen jetzt zu bemerken, dass der Nutzwert von Chatbots im Alltag doch nicht ganz so groß sei. Vor allem, weil sie den systemimmanenten Fehler hätten, den man “Halluzinationen” nenne. Damit sei das Phänomen gemeint, dass KIs, die Texte eigenständig generieren, vor allem Sprache und nur in zweiter Linie Inhalte produzierten.

So entstehe eine Rückkoppelungsschleife, denn die eigenen Inhalte enthielten ja bereits “Halluzinationen”, also Fehler. KI-generierte Texte im Internet gäbe es schon jetzt reichlich. Amazon ginge in den USA zum Beispiel gegen Bücher in seinem E-Book-Handel vor, die offenbar Maschinen geschrieben hätten. Das wären Plagiate, Sammlungen geklauter Texte, aber auch reines Datengulasch, das keinen Sinn ergebe. Erschwerend käme hinzu, dass auch Datenarbeiter die KIs fütterten – sie arbeiteten in Niedrigstlohn-Verhältnissen und verwendeten teils selbst ChatGPT, um die Texte schneller zu generieren. Und dann gäbe es noch das fundierte Gerücht in Technikforen, dass Open AI die Geschwindigkeit seiner Chatbots erhöhe und gleichzeitig die Betriebskosten gesenkt habe, durch eine Kombination mehrerer kleiner KIs, die nun Chat-GPT in all seinen Versionen antrieben. So schiene die KI-Revolution BUCHSTÄBLICH ihre Kinder zu fressen.

Weiß die KI, was Marx gesagt hätte zu heute aktuellen Themen?

Das Niveau der heutigen Text-Generatoren  mag für einfache schulische oder in Einzelfällen auch akademische Texte reichen, scheitert aber schnell, wenn die Aufgaben komplexer werden.  So hatte der MAC die Idee, es könne doch eine spektakuläre „PR-Aktion“ für die von ihm besuchte „Marxistische Abendschule Hamburg“ sein, die drei Bände von „Das Kapital“ von Karl Marx in eine solche Text-KI einzuladen (die Texte stehen digital zur Verfügung) und damit mal einen lustigen Abend zu machen nach dem Motto „Was hätte Karl Marx dazu gesagt?“  Da Karl Marx hochgradig strukturierten „Content“ produziert hat, so dachte der MAC, könnte doch ein künstliches Gehirn damit klar kommen, zumindest klein wenig. Ein Kollege aus der MASCH tastete sich mit Stichproben heran – und bemerkte beim nächsten Treffen: „Da kommt nur Quatsch heraus.“

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Kann eine KI ausrechnen, was Karl Marx zu aktuellen Themen gesagt hätte?

Blamiert wären damit all jene, die – um auf keinen Fall rückständig zu wirken –  während der letzten Monate keine Gelegenheit verstreichen ließen, in Leitartikeln und Sonntagsreden davon zu schwafeln, dass eine Gesellschaft ohne Künstliche Intelligenz „nicht mehr denkbar“ sei. Es sind paradiesische Umstände für die Software-Monopole und sie brauchen gar keine Werbung mehr zu machen, wenn sich eine Gesellschaft ohne deren Produkte selbst als „nicht mehr denkbar“ bezeichnet und sich bis zur Selbstaufgabe (eigentlich Selbstauslöschung) unterwirft! Oder gab es auch schon bei der Einführung der Fleischklopse durch McDonalds eine öffentliche Meinung, Amerika sein ohne Hamburger von McDonalds zum Untergang verurteilt? Beim MAC entstand der Eindruck, unter den deutschen Meinungsmachern schreien die am lautesten nach Künstlicher Intelligenz, die mit natürlicher nicht gerade verwöhnt sind – und gar nicht merken, dass sie am eigenen Ast sägen.

Im ideologischen Nebel der KI werden Arbeitsplätze gekürzt

Wenn die KI Marx schon nicht erfassen kann, umgekehrt scheint dies eher der Fall zu sein. Denn nach klassisch marxistischem Drehbuch wurde der um ChatGTP entfachte ideologische Nebel sofort dazu genutzt, Arbeitsplätze zu reduzieren, wie dies seit jeher bei jeder Automatisierung geschieht. So verleitete die Aussicht auf weitere Einsparungen manche „Verleger“ in der Medienbranche sofort dazu, ihre Flure noch weiter zu leeren, schließlich könne die KI von Koordinieren bis Texteschreiben, Layout und Grafik jetzt Aufgaben übernehmen, die bisher von Redakteuren oder Grafikern gemacht wurden.

In der Bild-Gruppe des Springer-Verlags wurde der „Kollege KI“ ohne Einstellungsgespräch und Eignungsprüfung fest in den Personalplan aufgenommen, mit der Folge, dass eine großen Zahl von Mitarbeitern, vor allem ältere, ihre Jobs verlieren. Aus der Geschäftsleitung hiess es:  “Wir müssen uns leider auch von Kollegen trennen, die Aufgaben haben, die in der digitalen Welt durch KI und/oder Prozesse ersetzt werdenDas Layout der Bild solle laut Aussagen der Chefredaktion zukünftig komplett von KI-Tools übernommen werden. Der studierte Germanist und Springer-CEO Matthias Döpfner kommentierte gaga-philophisch, wie es seine Art ist:  “Wenn jemand den Journalismus töten will, dann sollten wir verstehen, wie und warum, und wir Journalisten sollen es selbst tun“ – und gab die Suche nach geeigneten KI-Unternehmen in Auftrag, “die für Axel Springer wichtig und attraktiv sein könnten.”

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Schreck lass nach! Naja, doll is das nich … Wenn KI eine Zeitschrift macht, kommt sowas heraus. Die Nudeln hat ein Mensch dazu gelegt

Im Münchner Burda Verlag wurde gleich ein ganzes Heft der KI überantwortet. Lisa kochen und backen … 99 Pasta Rezepte wurde komplett per KI produziert – ohne daß die Leser davon erfahren sollten. Erst der Aufstand des Betriebsrates brachte den „Test“ an die Öffentlichkeit.  Auch insofern dankenswert, als die KI-Lisa den intellektuellen Horizont der erbrachten Redaktionsleistung deutlich markiert.

Einschub: Hito Steyerl über die Überschätzung der „Künstlichen Intelligenz“

Die Künstlerin, Filmemacherin und Autorin Hito Steyerl hat die “künstliche Dummheit” zum Kern ihrer Arbeit gemacht, die sich kritisch mit der digitalen Gegenwart auseinandersetzt. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung entwarnte und warnte sie prophetisch schon vor acht Jahren, am 27.12.2016

Sind Sie auch eine Kritikerin der künstlichen Intelligenz?

Nein, das bin ich nicht. Ich finde ganz im Gegenteil: Die Gefahren künstlicher Intelligenz werden überschätzt. Man sollte sich davor hüten, von einer Art allumfassenden künstlichen Intelligenz auszugehen, mit deren Hilfe Regierungen dann die Menschen vermessen, ihr Verhalten vorherberechnen und aufeinander abstimmen könnten, so dass alles reibungslos funktioniert. Das ist nicht so. Vielmehr kommt es zu sehr viel Reibung, weil gerade nämlich nicht die künstliche Intelligenz, sondern Systeme künstlicher Dummheit sich durchsetzen, die sich überlappen und jede Menge Dysfunktionalität erzeugen. Das ist die eigentliche Gefahr.

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Künstlerin Steyerl: In ihren “Lectures” ermittelt sie die Zusammenhänge von Kunst, Rüstungsindustrie, neoliberaler Finanzwirtschaft – und “Digitaler Dummheit”

Was meinen Sie damit?

Systeme von niedriger technischer Komplexität, wie Bots oder Roboter, die nur zwei oder drei scriptlines brauchen, und selbst mechanische Systeme wie Fahrkartenautomaten erzeugen gerade viel mehr Gefahr für unsere Gesellschaft als etwa „Deep Mind“, die Firma für künstliche Intelligenz, die ein Computerprogramm entwickelt hat, das im Brettspiel „Go“ alle Menschen schlägt. Als Systeme künstlicher Dummheit bezeichne ich jene, die die Automatisierung ganzer Branchen vorantreiben, ohne dass über Alternativen für die Beschäftigten nachgedacht wird, die ganze Bevölkerungsgruppen überflüssig machen. Systeme, die zu Frustration und großen Verwerfungen führen. Neue Firmen wie Uber oder Amazon, ja der gesamte Plattformkapitalismus, der einzelne Unternehmen in Windeseile zu Monopolen auf Märkten macht, die jene Unternehmen selbst erst schaffen, ohne etwas zu produzieren, dieser Plattformkapitalismus reorganisiert die Gesellschaft auf radikale und auf dumme Weise und führt zu Wahlsiegen etwa von Trump. Ich arbeite gerade an diesen Themen.

„Künstliche Klugheit“ statt „Künstliche Intelligenz“

Andrian Kreye warnt in der „Süddeutschen Zeitung“ aber davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten, also die missbräuchliche Verwendungen einer falsch bezeichneten Technologie (von „Intelligenz“ ist bei Programmen wie Chat GTP nicht die Rede, es ist einfaches maschinelles Lernen) zu verwechseln mit datenbasiertem Arbeiten in der Wissenschaft, das lt. Kreye eine „künstliche Klugheit“ erzeugt. Kreye meint damit all jene KI-Anwendungen, die in den Spezialbereichen der Wissenschaft zum Einsatz kämen und deshalb wenig bekannt seien. Alpha-Fold ist das Leuchtturmmodell, ein Produkt des Londoner KI-Labors Deep Mind, das Google vor neun Jahren gekauft habe. Es hälfe Wissenschaftlern, Proteine zu falten, also die Bausteine jeden Lebens zu analysieren, was die Forschungsarbeit von Biologen und die Entwicklung von Medikamenten enorm beschleunige. Physik, Chemie und Materialkunde profitierten schon jetzt von künstlicher Intelligenz, sie bringe die Erforschung des Universums und des Lebens voran. Womöglich also die Menschheit insgesamt. Es wäre schade, wenn eine KI, die zu viel Müll geschluckt hat, diese Entwicklung ausbremste.

Chatbot fasst „Mann auf der Couch“ zusammen

Der Text, wie er am Handy erschien:

Das Buch “Mann auf der Couch” von Michael Hopp erzählt die Geschichte von Max, einem Mann in seinen Vierzigern, der sich in einer Lebenskrise befindet. Max ist verheiratet, hat zwei Kinder und einen gut bezahlten Job, aber er fühlt sich zunehmend unzufrieden und leer. Er hat das Gefühl, dass sein Leben an ihm vorbeizieht und er keine Kontrolle darüber hat.

Max beschließt, sich eine Auszeit zu nehmen und zieht in ein kleines Apartment, um über sein Leben nachzudenken. Er beginnt eine Therapie bei Dr. König, einem Psychologen, der ihm dabei hilft, seine Gefühle und Gedanken zu sortieren. Im Laufe der Therapie entdeckt Max, dass er sich selbst vernachlässigt hat und seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche ignoriert hat, um den Erwartungen anderer gerecht zu werden.

Während Max versucht, sich selbst besser kennenzulernen, trifft er auf verschiedene Menschen, die ihm neue Perspektiven aufzeigen. Er begegnet einer jungen Frau namens Lisa, die ihm zeigt, wie wichtig es ist, im Moment zu leben und das Leben zu genießen. Er trifft auch auf einen alten Freund, der ihm dabei hilft, seine Leidenschaften und Interessen wiederzuentdecken.

Im Laufe des Buches lernt Max, dass es wichtig ist, auf sich selbst zu achten und seine eigenen Bedürfnisse zu erfüllen. Er erkennt, dass er nicht glücklich sein kann, wenn er ständig versucht, es anderen recht zu machen. Max beginnt, sein Leben bewusster zu gestalten und Entscheidungen zu treffen, die ihm wirklich wichtig sind.

“Mann auf der Couch” ist eine einfühlsame Geschichte über die Suche nach dem eigenen Glück und die Bedeutung von Selbstreflexion und Selbstfürsorge. Es zeigt, wie wichtig es ist, sich selbst treu zu bleiben und sein eigenes Leben zu leben, anstatt sich von den Erwartungen anderer bestimmen zu lassen.

Na? Oje, naja

MAC-Leser werden es gemerkt haben: Der MAC heißt nicht Max.  Im MAC gibt es auch keinen Psychologen „Dr. König“.  Die Anzahl der Kinder ist falsch. Das sind nicht unerheblich Fehler, aber sowas wie ein künstlich intelligenter Schlussredakteur sollte sich doch entwickeln lassen!

Aber der Dreh insgesamt?  Ist der MAC wirklich eine Coming-Of-Age-Geschichte, so eine Art klassischer Heldenreise, wo am Ende einer gewonnen hat, und sei es nur gegen sich selbst?

Ein Wort wie „Selbstfürsorge“ kommt im MAC gar nicht vor. Aber es ist nicht ganz falsch, dass der MAC sich davon nicht so viel hat angedeihen lassen. Auch das Wort „Selbstreflexion“ hat der MAC nicht verwendet, aber im Prinzip liesse sich das ganze Buch als solche bezeichnen.  Dass im Lauf des Buchs einzelne Menschen auftauchen, die dem MAC „Perspektiven“ aufzeigen, ist nicht die Dramaturgie – aber es ist natürlich nicht falsch, zu sagen, der MAC habe aus jeder im Buch beschriebenen Begegnung irgendwie gelernt, wie sollte es denn auch anders sein. Dass der MAC „die eigenen Bedürfnisse und Wünsche ignoriert hat, um den Erwartungen anderen gerecht zu werden“ – ich (der MAC) meine, diese Lesart meines Lebens hört sich schön masochistisch an, aber ganz so war es nicht, oder widerspreche ich jetzt hier nur, weil ich zwar ahne, daß sie stimmen könnte, ich sie aber immer noch nicht annehmen kann?

Glücks-Suche, Selbstreflexion + Selbstfürsorge brav abarbeiten

Oder tut das Argumentieren hier dem Automaten-Text zu viel Ehre an? Anderseits, es kann auch ein blinder Roboter ein Korn finden …

Es könnte der Eindruck entstehen, der Chatbot habe nicht den MAC gelesen, sondern andere aktuelle Männer-Bücher, nach Suchbegriffen wie „Mann“, „Therapie“, „Perspektive“, was weiß ich. Und sicher kann durch Mengen-Effekte beim Bücher-Daten sammeln und auswerten ein Zeitgeist getroffen, oder auch eine Ideologie sichbare werden. Die wäre in diesem Fall das heute verlangte stumpfe Abhaken von Glücks-Suche, Selbstreflexion und Selbstfürsorge, die am Ende doch zum Happy End führen, wenn man alles nur brav macht – ohne daß an der Gesellschaft was geändert werden müsste.

Aber wer weiß? So wie der MAC sich in vielem selbst fremd und unverständlich ist, so geht es ihm in der Zwischenzeit auch mit dem Buch.  Vielleicht hat der Chatbot ja recht mit seiner Lesart. Wäre interessant, zu wissen, ob es menschliche Leser gibt, die sie teilen.

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