MAC Lesung in der Wiener Galerie „Kolonie 5“
Der MAC ist heute müde. Müde, aber glücklich. Die Lesung am gestrigen Donnerstag in Wien war ein Erfolg. Alle mochten ihn. Die vorauseilende Paranoia, er könnte von einer hereinströmenden Protestruppe mit einem Eimer Schweineblut übergossen werden, wegen sexistischer Bloßstellung von Frauen (im Buch) oder Herabwürdigung des Wiener Dialekts (zuletzt im Blog), war unbegründet.
Dem MAC ist natürlich bewusst, dass er sein Ansehen in Wien seiner bald 40 Jahre zurückliegenden Existenz als Chefredakteur des WIENER verdankt und weniger dem Buch „Mann auf der Couch“, in dem zwar die Wiener Geschichten verarbeitet werden, das aber doch eher ein Hamburger Gewächs ist. Um etwas vom WIENER-Ruhm auf den MAC umzulenken, entschied sich der MAC noch kurz vor der Lesung, keine MAC-Ausschnitte über die Zeit beim WIENER zu lesen, sondern eher solche, die sich auf die Psychoanalyse beziehen, den viel wichtigeren Erzählstrang. Er lief damit Risiko, die Erwartungen des Publikums zu enttäuschen, die vom Veranstalter in die Richtung „der Chefredakteur des legendären WIENER lässt uns hinter die Kulissen des Zeitgeist blicken“ gelenkt worden waren.
Der MAC wagte sich an „schwerere“ Kapitel wie die Traumdeutung, die Wirkung von Märchen oder den Umgang der Psychoanalyse mit der Depression, in wohldosierten, kürzeren Ausschnitten – und es fuktionierte! Mit Schwung vorgelesen und um einordnende Zwischenbemerkungen ergänzt, wirkte die Veranstaltung nicht blue into the black, nicht düster und depressiv (ein Ruf, der dem MAC mitunter vorauseilt), sondern nachgerade beschwingt – eventuell aus dem guten Gefühl, man habe sich hier mal kurz mit Wesentlicherem (was denn das für ein Wort?) befasst als mit der Klage, man könne sich bei Netflix immer schwerer für eine Serie entscheiden. Der zum Testen im Publikum rumgereichte MAC-Kultduft „Pitralon“ mag auch zur Lockerung beigetragen haben.
Hannes Eder, einer der Veranstalter von der Galerie „Kolonie 5“, sagte es so: „Deprimierend? Gar nicht! Es sei denn, jemand findet es schon deprimierend, wenn solche Themen angesprochen werden.“
SCHNARCH, GÄHN … was ist das für ein roboterhaftes Bürokratendeutsch heute? Nein, das hat keine KI geschrieben.Die um 6:30 abgefeuerte WhatsApp Sprechblasensalve liest sich flotter:
„Ich war in einem rein positiven Umfeld, total angenommen als Person“
„Von mir ist eine Riesenlast abgefallen, ich fühle mich richtig leicht“
„Es ist, als wäre ein Eisklumpen abgetaut, der um mein Herz gewachsen war“
„Ich bin Wiener, ich bin Michael Hopp, ich bin der MAC“
„Und alles ist okay. Keine Feinde weit und breit“
„Mit Dir eine grossartige Frau“
„Ich lasse meine Unterstellung fallen, in Österreich sind nur Nazis“
„Es sind nicht mehr als jetzt auch bei uns“
„Und wichtig ist, dass wir den Kampf gemeinsam führen“
„Und das Stammesdenken überwinden, das uns in Gewalt und Untergang führt jeden Tag“
„Auch Frauen und Männer den Krieg beenden“
„Und gemeinsam kämpfen“
„Die Identitätspolitik führt in die falsche Richtung“
„Die Gegner sitzen ganz woanders als in den eigenen Reihen“
„Huch, jetzt bin ich schon im ROTEN SALON HAMBURG“
Der Rote Salon Hamburg findet erstmals am 5. Februar 2024 statt – mit Susan Neiman und ihrem Buch „Woke ist nicht links“.
https://roter-salon-hamburg.de/
Freitag frühmorgens auf der Rückreise frühstückte der MAC am neuen Wiener Hauptbahnhof (der ihm das psychedelische Gefühl vermittelte, in einer ganz anderen Stadt gelandet zu sein), nachdem er nach der Anfahrt mit dem altehrwürdigen „D-Wagen“ direkt auf den „Manner“-Flagship-Store zugelaufen war (leider noch geschlossen), der direkt neben der von „Anker“ betriebene Bäckerei-Gastronomie liegt. Zwei Traditionsfirmen, die ihre Marken geschickt der Zeit anpassen und es verstehen, sich immer wieder zu verjüngen, um die Generationenübergänge zu schaffen.
Zu Fotos der Manner- und der Anker-Location whatsappte der MAC um 06.45 an Eva in Hamburg: „Alles alte wird hier neu.“ War das auch ein wenig auf seine eigene Verfassung bezogen?
Fußnote, Kopfnote, Herznote: WOCHENENDER BEST OF NORD Release in Hamburg
Welche der drei Noten im Titel für diesen kleinen Text trifft zu, wenn der MAC hier die am gleichen Tag, zu gleichen Zeit stattfindende Präsentation der neuen Sonderedition des WOCHENENDER in seinen Blog nimmt? Möge der/die LeserIn entscheiden! Die bereits 14 Titel umfassenden Buchreihe der „Eva“ im MAC wird um einen weiteren Titel ergänzt, an dem der MAC mitgearbeitet hat. Das ganze ist ein geiles Ding, findet der MAC, ein schön gemachtes Buch mit großartiger Fotografie, mit den besten Nahreise-Zielen und Locations um Hamburg, angeboten in einer wertigen Box und mit einem 500 Teile Puzzle als Extra – das Puzzle für das ultimative Gedulds- und Entspannungstraining, wenn man mal nicht an die See fahren kann.
Das Puzzzle, ist es mal zusammengeschoben, zeigt den epischen Norddeutschland-Horizont vom Cover des Bandes, zu dem der MAC in den Ankündigungstexten dichtete: „Der Himmel über dem Norden erzählt jeden Tag eine andere Geschichte.“ Wohl wahr! Und weiter:„Er ist der Grund, warum wir immer wieder zurückkehren.“ Kann auch nicht viel dagegen gesagt werden. Der MAC kennt aus eigener Erfahrung die hypnotisierende Wirkung des Himmels über zB der Nordsee, der in seiner hochumspannenden Präsenz nicht nur den Menschen klein erscheinen lässt, sondern auch seine Sorgen.
Wie der MAC war auch Eva zufrieden mit ihrer Veranstaltung. Sie befüllte ihre grauen Rück-Sprechblasen mit der gleichen Begeisterug wie davor der MAC:
„Bei mir war es auch richtig gut und voll!“
„Wie eine Geburtstagsfeier und ein paar mehr Leute: -)))“
„Die Bücher haben echt viele Fans. Ich kanns gar nicht glauben.“
https://www.wochenender-buch.de/
WIENER: Gestern, heute, morgen und eine Frage
Irgendwie schwebte der WIENER (hat er es noch verdient, versal geschrieben zu werden?) über der MAC-Lesung. Da las der ehemalige Chefredakteur eines damals ganz anderen WIENER aus seinem Buch und hatte entsprechendes Pubikum angezogen. Viele der Gäste waren frühere Mitarbeiter oder hatten Berührungspunkte mit dem WIENER – und erschraken, wenn Sie sich nach vielen Jahren wiedertrafen, wie stark sie sich verändert hatten in diesem weiten Spektrum zwischen gut und weniger gut Älterwerden.
Der heutige Chefredakteur Franz J. Sauer hatte ein paar Stapel der Sommerausgabe („Strandlektüre deLuxe“) auslegen lassen, weil er großen Wert darauf legt, mit der Vergangenheit des Titels in Verbindung gebracht zu werden. Das ist auch daran erkennbar, dass er den verstorbenen WIENER Gründer Gert Winkler als Herausgeber im Impressum führt, mit Kreuz in Klammern.
In einer spontanen Reaktion an dem Abend hatte der MAC das in einer Bemerkung positiv bewertet, als angemessene Anerkennung der Tradition des Magazins. Jetzt, nach Durchsicht der Sommer-Ausgabe (gut, draussen war es sommerlich warm, aber warum lag Mitte Oktober die Sommer-Ausgabe da) möchte der MAC die freundliche Bewertung wieder zurücknehmen.
In dem Heft findet sich wieder die ungenießbare Mischung aus völlig aus der Zeit gefallenem Lifestyle (Titelgeschichte um einen „Mister Austria“), wehleidiger PS-Prahlerei (Toyota vs. Jaguar-Sportwagen: „Weil lange wird es sowas nicht mehr geben“ – OJE in jeder Hinsicht, auch angesichts der Volkschüler-Sprache) sowie einem unstimmigen Kulturmix, dem jede Orientierung fehlt. Der MAC mag den Eindruck nicht verhehlen, die Macher hier wissen selber nicht, wer sie sind (außer Autofreaks), vor allem aber wissen sie nicht, wer ihre Leser oder Leserinnen sind oder sein könnten. Wie das Gert Winkler gefallen hätte, das wüsste ich gerne, werde es aber wohl nie erfahren.
Schauen wir noch kurz ins Handy. Am Vormittag schreibt der MAC an Eva:
„Es waren auch junge Redakteurinnen des WIENER da, die den Chefredakteur aus Ur-Zeiten sehen wollten und mich wie einen Befreier empfanden aus all dem Stumpfsinn, der heute drin steht.“
„Ich habe ihnen gesagt, so toll war das Heft früher auch nicht und daß wir alles andere als Superhelden waren. Aber das wollten sie nicht hören. Sie brauchen was, woran sie glauben können.“
Interessanter als die heutige WIENER Diskussion ist eine gerade an der Universität Wien fertig gewordene Untersuchung zur Geschichte von WIENER und Tempo, für die der MAC im April ein Interview gab. Darin wird einmal mehr die Frage erörtert, inwieweit die beiden Titel dem „New Journalism“ zuzuordnen sind und wie sie versucht haben, dieser Ausrichtung journalistischen Arbeitens zu adaptieren. In dem Zusammenhang stiessen die jungen Forscher auf die These, WIENER und Tempo könnten Vorläufer der Fake News sein.
Das ist ein neuer, erfrischender Blickwinkel – inspirierender, als das heutige Heft durchzusehen. Das mag esoterisch wirken, aber, denkt der MAC, eine Zukunft kann der WIENER nur haben, wenn sich jemand mal wieder ein paar Gedanken macht. Eine weibliche Person wäre hier zeitgemäß und könnte das Heft aus seinen Limitierungen befreien.
Veröffentlicht wird die Studie in der Fachzeitschrift „Medien und Zeit“:
Wer sofort lesen will, kann beim MAC ein PDF bestellen: