Das Arschloch und der Schleimer

Wolfram W. über Multikultarismus: „Fortdauer des eigenen Bluts gefährdet“

Wie sich die Golfpartner Friedrich Merz und Wolfram Weimer am Tegernsee (dem Landstrich in Deutschland mit der größten Millionärsdichte)  soweit „angenähert“ haben, daß der schmierige Halbfaschist jetzt Kulturminister werden soll,  steht in einer erschütternden Reportage in der Süddeutschen Zeitung vom 29. April, leider hinter der Paywall. Vielleicht ist euch die Lektüre 99 Cent wert: https://www.sueddeutsche.de/kultur/merz-weimer-tegernsee-kulturstaatsminister-li.3243154?reduced=true
Wie Weimer in seinem Wichsblatt „Cicero“ die Asylpolitik als „kulturelle Selbstvernichtung“ und „biologische Selbstaufgabe Europas“ beschreibt und sich um die „Fortdauer des eigenen Bluts“ sorgt, hat Christoff Jessen von „Michele Records“ auf Social Media zugänglich gemacht. https://www.facebook.com/search/top?q=michelle%20records
Ein Biorechter, der noch nie was mit Kultur zu tun hatte, sondern nur üble und übelste Magazine verantwortet hat, als Kulturminister? „Die Ära linksliberaler Kultursubvention nimmt jetzt ein Ende“, frohlockt der selbst tief gefallene „Spiegel“.
Dagegen regt sich Widerstand.
Eine Petition des „Ensemble-Netzwerks“ darstellender Künstler gegen den designierten Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hat binnen zwei Tagen mehr als 26.000 Unterschriften gesammelt. Sie läuft unter dem Titel: „Wolfram Weimer darf nicht Staatsminister für Kultur und Medien werden!“
Sofort unterschreiben: https://innn.it/weimer-nein-danke?lid=3o37bvg9pavv&mtm_campaign=BrazeMailing&mtm_kwd=250430%20-%20SIGN%20-%20weimer-nein-danke%20-%20WINNER%20-%20bigger%20segment&mtm_source=Newsletter

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Kid P zwischen Buchdeckeln, wenn auch soften: Was bleibt? Der zeitliche Abstand macht früher Verborgenes sichtbar

Kid P. über „Tempo“: „Es sah so aus, als hätte ich mit dem Blatt irgendwas zu tun“

Andreas Banaski alias Kid P., war in den 70er und 80ern ein großartiger Schreiber, brachte den Punk als Schreibhaltung in die Redaktionen, in Sounds, Spex, tip, Elaste. Heute ein Fall für Aufarbeitung, Musealisierung. Was bleibt? Was stimmt?
Bei der Buchpremiere von „Die Wahrheit über Kid“ letzte Woche in Hamburg, saßen die brüderlichen Pop-Meisterdenker und Zeitzeugen Detlef und Diedrich Diederichsen am Podium, die junge Buchwissenschafterin Erika Thomalla, Auszüge las der launige Gereon Klug als Vertreter der mittleren  Generation, die schon nicht mehr Leser der ersten Stunde war.
Auffällig am gut gefüllten Auditorium im Hamburger Central Congress, wie wohlriechend, gut frisiert und bürgerlich sich die früheren Pop-Nerds gehalten haben, eine große Szene, die sich selten im Zusammenhang zeigt. Vereinzelt darunter, mit der MAC, grummelige ex-„Tempo“-Leute, die nicht so recht reinpassten und sich auch so fühlten.
Sounds, Spex – und „Tempo“, das waren verschiedene Welten, die sich latent, manchmal auch offen feindselig gegenüberstanden.
Den hochspezialisierten, oft ironischen Popintellektuellen und Feingeistern wie Diederichsen, Gülden, Schwaner, Kröher oder Lottmann, die mit ihren Lesern „einen Geheimbund der Besserwissenden“ bildeten (Website „Sounds Archiv“), und ihre publizistischen Strukturen eher noch „alternativ“ unter der Voraussetzung kleiner Honorare und minimaler Gehälter gefestigt hatten, konnte die großkotzige Art nicht gefallen, mit der „Tempo“ in den Markt kam. Zumal das Heft aus im durch und durch konservativen Jahreszeitenverlag erschien, der damals noch im Geld schwamm und Millionen für „Tempo“ versenkte – was sich in guten Redakteursgehältern und teils dem „stern“ abgeguckten Arbeitsbedingungen zeigte. Einige der Sounds-Leute wechselten denn auch in den Harvestehuder Weg, fanden in der herrschaftlichen Villa aber nicht das richtige Umfeld.

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Kid P.-Fanzine „Preiserhöhung“, ca. 1978

Aus der Zeit sind noch Rechnungen offen, für sehr Sensible wie den MAC war das in der Kid P.-Präsentation spürbar. 
Wie groß ist die Lebenslüge der „Tempo“-Leute, die sich heute noch gerne feiern lassen? 
Wie kritisch war „Tempo“ wirklich?
„Tempo“ hatte keine klare politische Haltung, liess es lieber krachen, wo es ging, teils auch mit Flurschäden. Markus Peichl schrieb im Editorial, das Heft sei gegen die 68er gegründet, die seine Generation schon nur noch als moralisierendes Lehrerpersonal erlebt hatte, bevormundend, mit zweierlei Mass messend.
In der Rückschau auffällig ist, „Tempo“ hat keinen einzigen, profilierten linken Autoren hervorgebracht, und wie geschmeidig die Mehrzahl der  „Tempo“-Stars wie Biller, von Uslar, Kracht, Seidl im bürgerlichen Feuilleton untergekommen sind.
Insofern – etwa auch den Sprachstil des „Spiegel“ betreffend, der unter dem Eindruck von „Tempo“ die Ich-Form einführte, mit bekannt negativen Folgen – war „Tempo“ im Rückblick nicht viel mehr als eine Verjüngungskur für bürgerliche Medien, Brandbeschleuniger ihrer Neoliberalität, während Kid P. und das damalige, intellektuelle Pop-Umfeld, eine widerständigere Kultur bildeten.
Der kritische „Tempo“-Forscher Stephan Timm schickte dem MAC ein Dokument, das zeigt, wie sehr Banaski/Kid P., der bei der „Tempo“ wohlweislich nur als Archivar arbeitete, gegen jede Vereinnahmung kämpfte.
Timm war vom Junius Verlag, der das Kid P.-Buch herausgibt, gefragt worden, ob es einen Banaski-Text für „Tempo“ gegeben hätte.
Daraufhin grub Timm eine Banaski-Interview-Zitierung aus „nd Journalismus von Links“ aus. (Christof Meueler: Kid P.: »Die Leute, die ich blöd fand, waren auch blöd«, nd vom 11.04.2025). Darin sagt Banaksi:
Und dann holten mich Olaf Marx und Tina Hohl in die Schlussredaktion von »Tempo«: Korrektur lesen, Fakten checken, also Dokumentation. Da war ich nur hinter den Kulissen zuständig.
Wie fanden Sie diese Arbeit?
Nervig war bloß, dass im Impressum die ganzen Mitarbeiter ohne Zuordnung alphabetisch aufgelistet waren. Da sah es so aus, als hätte ich mit dem Blatt irgendwas zu tun. Das wollte ich ja gar nicht. Ob ich jetzt das mache oder am Band stehe bei VW … Es kam mal vor, dass ich einen Comic besprochen habe, aber da stand nie mein Name drunter. 
Der einzige längere Artikel, den ich geschrieben habe, war ein Gespräch mit der »Micky Maus«-Übersetzerin und Chefredakteurin Erika Fuchs. Anlass war eine Donald-Duck-Ausstellung von Gottfried Helnwein. Ich bin nach München gefahren und habe in ihrem Häuschen stundenlang mit ihr bei Kaffee und Kuchen geplaudert. Darüber habe ich einen Text geschrieben, unter Pseudonym, versteht sich. Daraufhin hat mich der damalige »Tempo«-Chefredakteur Michael Jürgs in sein Büro bestellt. Er sagte, das wäre ein guter Artikel, warum ich den nicht mit meinem richtigen Namen zeichnen wolle? »Nee, will ich nicht.« – »Na ja, okay, dann nicht.«

Die Wahrheit über Kid P. – Wie ein Hamburger Punk den Pop.Journalismus erfand. Ausgewählte Texte von Andreas Banaski. herausgegeben von Erika Thomalla. Mit einem Vorwort von Diedrich Diederichsen, Junius Verlag, Hamburg 2025, 22 Euro

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Hamburg, Herbertstrasse – Foto: imago/Metelmann

Theodora B. über „Dialektik der Hure“: „Wenn man nicht über Begehren spricht, kann man nicht über Prostitution sprechen“

«Eine Prostituierte kann eine Machtposition einnehmen, in der sie sogar Lust empfindet», sagt eine Philosophin Theodora Becker kritisiert die Prostitutionsdebatte: Käuflicher Sex lasse sich weder auf Gewalt noch auf eine Dienstleistung reduzieren, sagt sie im Interview mit Birgit Schmid, Neue Zürcher Zeitung (NZZ), 16.04.24
Man spricht inzwischen auch von «Sexarbeit», was seriös und nach einem normalen Beruf klingt. Ein Fortschritt?
Es war die Hurenbewegung, die ab den späten 1970er Jahren auf Prostitution als Arbeit bestanden hat. Das war einerseits wichtig, so wurden viele Rechte erkämpft. Andererseits aber schliesst diese Idee auch an eine bürgerliche Tradition an: von der Prostitution als einer sachlichen Verrichtung, die auf ordentliche Weise irgendwelche sexuellen Überschüsse und Triebenergien kanalisiert und damit unschädlich macht und die deshalb gesellschaftlich notwendig ist. Wenn sie sich in die gesellschaftliche Ordnung einfügt, kann sie auch als Arbeit gelten – das scheint heute möglich zu sein.
Liegt nicht schon in der Kombination von Sex und Arbeit ein Widerspruch?
Sexuelle Lust ist dem, was wir unter Arbeit verstehen, entgegengesetzt, insofern haben Sie recht. In der Prostitution ist beides aber tatsächlich miteinander verknüpft. Mit der Sexualität ist mehr verbunden, als die Formulierung sexuelle Dienstleistung nahelegt.
Und das wäre?
Es ist zumindest komplizierter. Das Sexgewerbe braucht die Illusion, dass auch von der Seite der Prostituierten ein gewisses Begehren im Spiel ist. Andernfalls wird bezahlter Sex reduziert auf einen technischen Akt, eine erweiterte Masturbation. Dann könnte man die Prostituierte auch durch eine Puppe ersetzen oder gleich Pornos schauen. Der Freier will aber die reale Frau.
Sie sprechen von Begehren. Verklären Sie die Prostitution damit nicht?
Natürlich spielt auch das Begehren in der Prostitution eine Rolle. Kein Freier würde zu einer Prostituierten gehen, wenn da nicht irgendeine Form von Begehren wäre. Die Prostituierte spielt oder arbeitet damit. Das ist eine notwendige Voraussetzung. Nur so kann sie diesen Job erfolgreich verrichten. Wenn man nicht über das Begehren spricht, kann man nicht über Prostitution sprechen.

05.05. rs social media

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