Never win and never lose

(John Cale, “I Keep a CloseWatch”, 1985)

Nachbericht, Vorbericht, da kann man schon durcheinanderkommen.
Gestern erschien in diesem Blog eine VORSCHAU auf den
ROTEN SALON am 10.3. – und hier kommt die NACHSCHAU auf den RS am letzten Montag (24.2.), mit dem ehemaligen Berliner Bürgermeister und Kultur- und Europasenator Klaus Lederer („Ideen für einen Sozialismus im 21. Jahrhundert). Die Drängerei hat damit zu tun, dass die beiden Veranstaltungen mit nur zwei Wochen Abstand etwas zu nahe beinander liegen, so daß sie die ansonsten eher gemächliche Blog-Frequenz sprengen.
Ich habe Henry Grotkasten gebeten, seine Eindrücke vom Lederer-Salon zusammenzufassen, zu einem Abend, der auch für mich besonders war: Es war der am besten besuchte Salon bisher, mit einem ziemlich anderen Publikum, woraus sich vielleicht erkennen lässt, dass die Veranstaltung jetzt weitere Kreise zieht. Und wir waren das erste Mal in der StaBi, in einem sehr angenehmen, schön beleuchteten Raum mit bequemen Stühlen und toller Technik. Ich denke, alle, die da waren, wussten das zu schätzen!
Und: Wir sind viel mehr „Salon“ geworden, als es im kalten Licht der Seminarräume möglich war, das zeigte sich auch an der entspannten Stimmung.

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„Spinde“ vor dem Vortragsraum der StaBi. Foto: Klaus Lederer

Dass der Salon am Tag nach der Wahl stattfand, fühlte sich am Ende ganz richtig an und verlieh uns „Relevanz“.
Klaus Lederer ging geschickt mit dem Erfolg der Partei Die Linke bei der Wahl um, an dem er ja – nach seinem Austritt letztes Jahr – kaum noch Anteil hatte. Doch in keinem Moment gab es sich als beleidigte Leberwurst (was ist denn das?), ließ aber in seinem Vortrag erkennen, dass er theoretisch und prgrammatisch auf einem anderen Level unterwegs ist, als es die Partei im Moment erkennen lässt.
Als Lederer in einer eindrucksvollen Passage seines Auftritt die Punkte in der Gesellschaft aufzeigte, an denen es im Moment einen „Transformationsstau“ gäbe, wie  Abkehr von den fossilen Energien, Migration, Digitalisierung, Punkte, an denen „die Linke“ mit überzeugenden Konzepten die Menschen abholen und beteiligten müsste, wurde klar, wie gross die Defizite hier sind.

Ist die AfD eine Arbeiterpartei?

Auf  Lieblingsfragen des Moderators, wie der nach der Bedeutung der Klassen heute, reagierte der Gast aus Berlin eher routiniert und nicht besonders engagiert – und gab damit zu erkennen, dass er es an der Zeit findet, dass sich die Linke um neue Themen kümmert. Dass die „Arbeiter“ nicht mehr Subjekt der Revolution sind, war am Wahlergebnis des Vortags leicht abzulesen: 38 Prozent von ihnen hatten AfD gewählt, sie bilden die grösste Gruppe unter den AfD-Wählern.
Beim Absacker im „Abaton Bistro“ verriet Klaus noch eine Anekdote, die weitererzählt sein will. Es handelt sich um einen Spruch von Gregor Gysi. „Die Linke ist eine Superpartei“, soll Gysi gesagt haben. „Sie hat nur zwei Probleme: Sie kann mit Niederlagen nicht umgehen.“  Pause. Und das zweite, fragt der Zuhörer. Gysi: „Mit Siegen auch nicht.“
Dafür hat Die Linke meine volle Sympathie, das ist bei mir ganz genauso.
Rudi Dutschke meinte mal, die Linke sei lediglich das „Negativ“ zum Bestehenden, das reiche auch aus, weil es die Widersprüche schon in Bewegung bringe. Ich weiß auch nicht, ob ich die Linke je „siegen“ sehen möchte. Sie darf nur nie verlieren.  M.H.

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Klaus Lederer live in der StaBi: Warum lassen sich diese Vernrstaltungen nur so schwer fotografieren? Foto: MIchael Hopp

Es kann eine Zeit kommen, in der Trump, Putin, Weidel & Co. unser geringstes Problem sind

Von Henry Grotkasten

Der erste ›Rote Salon‹ 2025, mit Klaus Lederer und seinem Buch »Mit Links die Welt retten«, kann als voller Erfolg gewertet werden!
Nach einigen Querelen im auslaufenden Jahr 2024 im ROTEN SALON selbst und nach einem politisch schwierigen Jahreswechsel 2024/25, in dem etwa ein verurteilter Straftäter seinen (erneuten) Einzug in das Oval Office „feierte“, zeigte sich der Salon in guter Form. Und konnte einen Tag nach der Bundestagswahl „programmatisch“ kaum gegenwärtiger sein, ging es doch in Klaus Lederers Auftritt um das große Ganze, lokal und weltpolitisch, im Detail um einzelne Fehler im System und kleine, jedoch nicht unwichtige Schritte der Veränderung. All dies aus einem linken, unorthodoxen, marxistischen Bewusstsein als Grundlage der Auseinandersetzung.
Besonders erfreulich war für uns, dass die Veranstaltung gut besucht war und aus einem sehr vielfältigen Publikum bestand. Ganz unterschiedliche Menschen, mit unterschiedlichen Positionen und Perspektiven waren versammelt, die – so erlaube ich mir zu behaupten – die Sorge vor der Zukunft eint und ein ähnliches Bewusstsein.
In Klaus Lederers Person und Vortrag wurde deutlich, welches Erkenntnispotential sich aus der Verbindung von Theorie, angewandter Realpolitik und persönlicher Erfahrung entfalten kann.

„Die eigene Haltung wird nie ganz in der politischen Organisation aufgehen“

Es sind Erkenntnisse daraus, wie Ideale mit Kompromissen vermittelt werden (oder unvereinbar bleiben), wie bestimmte Ziele von Geld und Budget abhängig sind, wie sich vermeintliche Einigkeit in der Gesinnung in Luft auflösen kann und die eigene Haltung nie ganz in der politischen Organisation aufgeht, da sie immer in Bewegung ist …was am Ende vielleicht auch ganz gesund ist.
Dies führt zu einem speziellen Punkt, dem erfolgreichen Comeback der Partei Die Linke. Mit 8,8-9% ist sie nicht nur aus dem Abgeschriebensein und der attestierten Bedeutungslosigkeit wie Phönix aus der Asche emporgestiegen, sondern konnte auch viele interne Fehler berichtigen und Social Media für sich nutzen. Diese Entwicklung der Partei Die Linke ist zu beglückwünschen.
Mit Klaus Lederers Austritt aus der Linken, seiner Austrittserklärung und seinen Erläuterungen im ROTEN SALON dazu,  wird jedoch ebenfalls deutlich, dass eine Partei eigenen, auch ungeschriebene Gesetzen, Strukturen und Hierarchien unterliegt, die Diskussion und Auseinandersetzung behindern können. Die internen Konflikte in der Partei Die Linke sind leiser geworden, einige vielleicht wirklich verschwunden, zur Gänze werden sie, wie in jeder anderen Partei, jedoch nie verschwinden, genauso wenig wie die Handlungsdispositive, die sich aus dem Parlamentarismus ergeben.
Deutlich geworden ist damit auch, dass politische Aktion und Aktivismus auch außerhalb von Parteien stattfinden kann und sollte. Zwar ohne unmittelbaren Einfluss auf Landes und Bundesebene, bietet die Mitwirkung in Gewerkschaften, Initiativen oder Vereinen die Möglichkeit, einer anderen Art politischer Begegnung – auch mit politisch Andersdenkenden oder sogar unmittelbar mit politischen Gegner:Innen.

Die Dringlichkeit, aus der Klaus Lederer sein Buch geschrieben hat und die auch in seinem Vortrag und der Beantwortung von Fragen spürbar war, bleibt jeden Tag aktuell. Denn das Wahlergebnis der AfD hat sich seit der letzten Bundestagswahl verdoppelt und der neue Präsident der USA hat erst seit kurzem die Arbeit aufgenommen.
Überall dem steht, weniger für Schlagzeilen geeignet und manchmal still, der Klimawandel. Denn die Perspektive, wie sie auch Lederer teilt, ist die: Machen wir so weiter, sind in spätestens zehn Jahren Charaktere wie Trump, Weidel und Putin unser geringstes Problem. Dann fragen wir uns bei jedem Schluck Wasser, was unser Leben noch wert ist.

jörgspäterkachel
Und hier der Werbeblock – für 10.3.: Nach dem ROTEN SALON ist vor dem ROTEN SALON

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