Guter, alter „Kommunismus“

Weil in unserer Zeit so viel an Orientierung fehlt, machen wir beim ROTEN SALON HAMBURG jetzt eine ganze Reihe von Veranstaltungen, die sich mit dem guten alten „Kommunismus“ beschäftigen.
Mit Häckchen ist er hier geschrieben, weil es nicht
einen gibt – und weil wir uns, denke ich mir, den vielfach missbrauchten Begriff neu aneigenen müssen. Er bleibt unverzichtbar, denn was sonst wäre die Alternative zum Kapitalismus, als eine freie, Gemeinwohl-orientierte Gesellschaft? Und bei diesem neu Aneigenen ist es hilfreich, nochmal auf die Ursprünge zurück zu schauen.
Die erste aus dieser wie von selbst zusammengekommenen Reihe von Veranstaltungen befasst sich daher mit einer solchen Urquelle (gibt´s das Wort?), dem „Kommunistischen Manifest“ von Marx und Engels. Dazu einiges und einiges mehr im heutigen Blog. M.H.

Raus aus den Federn am 15. September! Auf in die StaBi!

Am Montag, 15.09 2025 um 18 Uhr 30,  liest im ROTEN SALON HAMBURG die Schauspielerin Iris Minich aus dem „Kommunistischen Manifest“ von Karl Marx und Friedrich Engels.
Die Veranstaltung mit musikalisch performativer Begleitung durch JAJAJA (Iris Minich, Arvild J. Baud)  findet im Vortragsraum der Staats- und Universitätsbibliothek an der Uni Hamburg statt.
Warum Lesung? Neben ihres visionären Gehalts zeichnet sich diese im Februar 1848 erstmals veröffentliche Flugschrift durch „Schönheit und gedrängte Wucht der Sprache“ (Martin Hundt) aus, geprägt von „leidenschaftlicher Überzeugung, konzentrierter Kürze und fast biblischen Sprachgewalt“ (Hobsbawm) – allesamt Qualitäten, die in einem gelungenen Vortrag ihre Wirkung noch erhöhen.
Vor Iris Minich, der Hamburger Schauspielerin (Schauspielhaus) und Mitglied der Performance-Gruppe JAJAJA, die wir gewinnen konnten, im ROTEN SALON Auszüge aus dem „Manifest“ zu lesen, haben dies mit großem Erfolg  Katharina Thalbach und Rolf Becker getan.
Die Lesung  im ROTEN SALON wird sicher „anders“, dafür sorgt schon die musikalisch performative Begleitung durch Iris´ Partner bei JAJAJA, Arvild J. Baud.

Wer ist JAJAJA?

https://jajaja.in

AKTUALITÄT HEUTE

Welche Aktualität besitzt der über 150 Jahre alte Text, der zu den wirk- und sprachmächtigsten Schriften der Geschichte zählt und Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes ist, heute noch? Ist der Text wirklich „historisch“ geworden ? Oder ist die Aktualität noch verblüffend hoch?
Davon sollen sich Besucher der Lesung ein eigenes Bild machen.
Die Lesung beruht auf der modernen Edition des „Manifests“, die im Hamburger Argument  Verlag erschienen ist.  
Der große britische Historiker Eric J. Hobsbawm hat dafür eine Einleitung geschrieben, die selbst berühmt geworden ist. Im ROTEN SALON wird sie zur Einordnung kurz wiedergegeben, im Blog vom 22. August war schon ein Teil daraus zu lesen: https://michael-hopp-texte.de/was-hat-uns-das-manifest-heute-zu-sagen/

ERIC HOBSBAWM

„Der heutige Leser kann sich der leidenschaftlichen Überzeugung, der konzentrierten Kürze, der intellektuellen und stilistischen Kraft dieser erstaunlichen Flugschrift unmöglich entziehen  … das Kommunistische Manifest ist von einer fast biblischen Sprachgewalt.« 

„Entscheidend ist (jedoch), dass die durch den Kapitalismus veränderte Welt, die Marx 1848 in Passagen in einer düsteren, lakonischen Eloquenz beschrieb, unübersehbar die Welt ist, in der wir150 Jahre später leben.«

„JAJAJA zum Manifesto“

„Die freie Entwicklung eines jeden als Bedingung für die freie  Entwicklung aller, ist eine wunderbare politische Maxime, die im Manifest formuliert ist.“
Henry Grotkasten, ROTER SALON HAMBURG

„Auf mich hat das Manifest wie eine Droge gewirkt, Aber es betäubt nicht. Es macht wach.“
Michael Hopp, ROTER SALON HAMBURG

„Das Manifest hat mir gezeigt: Über Marx kann man nicht nur reden, sondern ihn tatsächlich auch lesen.“
Finn Schreiber, ROTER SALON HAMBURG

 „Wir sagen klar:  JAJAJA zum Manifesto!  Sollte Jede:r lesen . Workingclassfusion nötig wie nie – sonst eben: CLASS War“ (siehe Foto)
Iris Minich, Schauspielerin

Iris Minich, Schauspielerin, Engagements an Schauspielhaus Hamburg, Thalia Theater, Schauspiel Bremen, Köln, Oberhausen, Zürich), gründete in Hamburg mit ihrem Partner Arvild J. Baud das Performance Kollektiv JAJAJA, das in der „Manifest“-Lesung auch für musikalische Akzente sorgt

Wie es der „Vorwärts“ (SPD) sieht:
Warum Marx und Engels 1848 das Kommunistische Manifest schrieben

„Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ Am 21. Februar 1848 veröffentlichten Karl Marx und Friedrich Engels das Kommunistische Manifest. Seine Wirkung entfaltete das Werk erst Jahre später.

Von  Jürgen Schmidt · 20. Februar 2023

Wie es der „Vorwärts“ (SPD) sieht: Geschrieben haben Karl Marx und Friedrich Engels den endgütigen Text des „Manifests der Kommunistischen Partei“ in wenigen Tagen im Januar 1848. Es war ein Auftragswerk des Bundes der Kommunisten, der sich eine programmatische Grundlage geben wollte. Das Autorenduo Marx und Engels hatte bei der Vorbereitung einer solchen Programmschrift jedoch einen ernst zu nehmenden Konkurrenten: den Philosophen, Schriftsteller und Frühsozialisten Moses Heß.

Ein Geheimbund in London

Marx, Engels und Heß gehörten zu einem Kreis Intellektueller, Journalisten und Handwerker, die entweder politische Verfolgung ins Exil getrieben hatte oder die sich als Handwerker auf die Walz gemacht hatten. Sie trafen sich im westlichen europäischen Ausland. In zahlreichen Orten von Paris, Brüssel, London und Genf bis hin zu kleineren Orten wie Biel in der Schweiz bildete sich eine Melange aus diesen sehr unterschiedlichen Sozialgruppen: Es entstanden deutsche Geheimbünde im Ausland, die sich von demokratischen, sozialistischen, republikanischen Ideen ihrer Gastländer inspirieren ließen.

Einer dieser Bünde war der Bund der Kommunisten, der insbesondere in London seinen Ankerpunkt hatte. Im Sommer 1847 beschloss der Bund auf einem Kongress in London, ein Programm in Auftrag zu geben. Moses Hess war dabei bereits vorgeprescht und hatte einen „kommunistischen Katechismus“ formuliert. Engels verfasste daraufhin einen „Gegen-Katechismus“, war aber damit nicht zufrieden: „Überleg Dir doch das Glaubensbekenntnis etwas. Ich glaube, wir tun am besten, wir lassen die Katechismusform weg und titulieren das Ding: Kommunistisches Manifest“, schrieb Engels an Marx im Herbst 1847. In zahlreichen Diskussionen innerhalb des Bundes konnten sich schließlich Marx und Engels mit ihrer Version durchsetzen. Die Mitglieder wollten aus der klandestinen Selbstbezogenheit ausbrechen und politisch und gesellschaftlich in der Öffentlichkeit wirken.

Eine Geschichte der Klassenkämpfe

Ergebnis war das „Manifest der Kommunistischen Partei“, das im Februar 1848 mit Druckort London erschien. Das Manifest ist in einer hinreißenden Sprache formuliert, dessen Eingangssatz „Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus“ bereits fesselte.

Im Manifest wird die Geschichte der Gesellschaften als eine Geschichte der Klassenkämpfe dargestellt – von dem Gegensatz zwischen Freien und Sklaven bis zu dem Gegensatz von Bourgeoisie und Proletariat. „Die ganze Gesellschaft“ spalte sich in „zwei große einander direkt gegenüberstehende Klassen“. Der Begriff der Klasse war in der Diskussion der Bünde ein vertrautes Kriterium zur Beschreibung der Gesellschaft. In seiner Zuspitzung auf den Klassenkampf wurde das Konzept jedoch radikalisiert.

Eine neue Perspektive erhielt das Manifest durch den Begriff der Entfremdung. Da die Arbeiter*innen ihre Arbeit gegen Lohn verkaufen mussten, seien sie „ein Stück Ware wie jeder andere Handelsartikel“. Verstärkt durch die Entwicklung in der Technik und Organisation der Arbeit werde der Arbeiter „ein bloßes Zubehör der Maschine“.

Proletarier aller Länder, vereinigt euch!

Rettung konnte nur das Proletariat bringen, wie es in den fulminanten Schlussworten des Manifests zum Ausdruck kam: „Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen: Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

Dieses bildgewaltige Werk hatte jedoch nach seiner Veröffentlichung kaum praktische Wirkung – obwohl es mit rund tausend Exemplaren verbreitet war. Dafür gab es zahlreiche Gründe. Zum einen waren die Mitglieder der Bünde meist keine Proletarier, sondern Handwerksgesellen. Sie hatten zwar Angst vor dem Abrutschen ins Proletariat, aber viele hofften mit ihren im Ausland gesammelten beruflichen Erfahrungen noch auf ein auskömmliches Leben als Handwerker.

Seit 2013 Weltdokumentenerbe der UNESCO

Zum anderen klang das Manifest zwar wie der Aufruf für die im Frühjahr 1848 losbrechende revolutionäre Welle in Europa. Doch um breitenwirksam zu wirken, erschien es zu spät. In den revolutionären Aktionen ab März 1848 trat das programmatische Dokument in den Hintergrund. Ein Grund lag auch darin, dass in der praktischen Arbeit in den demokratisch-revolutionären Arbeitervereinen die Mitglieder eher an ein „Recht auf Arbeit“ oder an den Zusammenschluss in Genossenschaften dachten und nicht in der im Manifest geforderten „Expropriation des Grundeigentums“ eine Lösung sahen. Den Revolutionären war das Manuskript gewissermaßen zu revolutionär.

Langfristig konnte das Werk doch seine Wirkung entfalten. Mit fortschreitender Industrialisierung spitzten sich die Konflikte zwischen Kapital und Arbeit, zwischen Eigentümern und Eigentumslosen zu. Die Argumente von Klassenkampf, Entfremdung und Ausbeutung erschienen plausibel. Das Manifest wurde ein Bestseller. Es wird geschätzt, dass das Manifest bis heute in über 200 Sprachen übersetzt wurde. Die einzig erhaltene erste handschriftliche Seite des Manuskripts wurde 2013 in das UNESCO-Weltdokumentenerbe aufgenommen.

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Jenny Kellner, Philosophin, betrachtet unter Bezugnahme auf Bataille und Nietzsche den Kommunismus neu

Jenny Kellner im ROTEN SALON HAMBURG
Lässt sich der Kommunismus neu erfinden?

Dienstag, 28.10.2025, 18.30 Uhr, Vortragsraum der StaBi
Jenny Kellner, Anti-ökonomischer Kommunismus – Batailles nietzscheanische Herausforderung, Campus Verlag, 2025

Der Begriff des ›Kommunismus‹ ist ein großes Wort. Karl Marx und Friedrich Engels „Manifest“ können einem – zu der Bedeutung und Utopie des Begriffes – in den Sinn kommen. Jenny Kellner bearbeitet in ihrem Buch den Begriff des ›Kommunismus‹ und die Vorstellung über diesen mit zwei kreativen Denkern: Georges Bataille und Friedrich Nietzsche. Batailles radikales Denken entfaltet sich in seinem Werk in affirmativen Bezügen zu Nietzsche und zugleich zum kommunistischen Projekt. In diesem Spannungsfeld der Vision des › anti-ökonomischen Kommunismus‹, entwickelt Kellner eine Auseinandersetzung über die Gesellschaft, das Lebensrecht aller, hin zu der Souveränität des einzelnen Individuums, um den Begriff ›Kommunismus‹ für gegenwärtige Diskussionen wieder fruchtbar zu machen.

Jenny Kellner, Dr. phil., studierte Schauspiel, Philosophie und Soziologie in Hamburg und Berlin und war Stipendiatin der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Sie lehrt an der Hafencity Universität Hamburg und an der Universität der Künste Berlin und ist als freie Publizistin und Künstlerin tätig.

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Heinrich Detering spricht mit guter Quellenlage Karl Marx vom Vorwurf frei, er hätte sich zu wenig um die Ökologie gekümmert

Heinrich Detering im ROTEN SALON HAMBURG
Ökologische Entwicklungslinien in Marx´ Schreiben

Montag, 24.11.2025, 18.30 Uhr, Vortragsraum der StaBi
Heinrich Detering, Die Revolte der Erde, Karl Marx und die Ökologie, Wallstein Verlag, 2025

Ökologische Sensibilität bestimmt Karl Marx’ Werk von Anfang an. Sie ist nicht erst das Ergebnis eines späten Wandels, sondern imprägniert sein Denken von den frühen Schriften über das »Kapital« bis in seine letzten Jahre. Marx nimmt das Naturdenken der Romantik auf und stellt es vom spekulativen Kopf auf die empirischen Füße. Dabei spielen Ludwig Tieck und Goethe eine nicht geringere Rolle als Charles Darwin oder Adam Smith. Poetische Texte und Schreibweisen durchdringen gesellschafts- und naturwissenschaftliche Diskurse.
In einer Verbindung von Ideengeschichte und intensiven Textlektüren legt Detering die überraschende Aktualität von Marx’ Schreiben in unserer Zeit frei, einer Zeit, in der die Deformationen des Marxismus abgewirtschaftet haben und der sie überlebende Kapitalismus einen globalen Ökozid heraufbeschwört


Heinrich Detering, geb. 1959, lehrt Neuere deutsche Literatur und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Göttingen. 2003 erhielt er den Julius-Campe-, 2012 den H.-C.-Andersen-Preis. 2014 war er Aston Poet in Residence in Birmingham, 2012 Liliencron-Dozent für Lyrik in Kiel, 2008 Ehrengast der Villa Massimo, 2004 Poetikdozent in Mainz, 2003 Paul Celan Fellow in St. Louis.
Veröffentlichungen u. a.: An der Nachtwand (2023); Holzfrevel und Heilsverlust. Die ökologische Dichtung der Annette von Droste-Hülshoff (2020); Menschen im Weltgarten. Die Entdeckung der Ökologie von Haller bis Humboldt (2020); Der Antichrist und der Gekreuzigte. Friedrich Nietzsches letzte Texte (2010).

IN PLANUNG
Samstag, 6. Dezember 2025, nachmittags
ROTER SALON zu Gast auf dem Buch-Markt des „Verbands unabhängiger Verlage“ (LuV) in der StaBi
Jürgen Bönig, Otto Meissner – Nicht nur der Verleger des Kapital, VSA Verlag 2025
(kurze Version des ROTEN SALON vom 30. Juni 2025)

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WER MÖCHTE MITMACHEN BEIM ROTEN SALON?

Wir suchen MitstreiterInnen! Bis jetzt eine freie Gruppe, planen wir aktuell, ein Verein zu werden und unsere Aktivitäten zu verbreitern,
Wir wollen in Zukunft anspruchsvoller, politisch linker Lektüre nicht nur auf Veranstaltungen Raum geben, sondern ev. auch als Blog und in weiteren Formaten in Social Media oder als Podcast.
Sprecht uns an, wenn ihr darauf Lust habt! Die Möglichkeiten, einzusteigen sind vielfältig und der Zeitpunkt gut, jetzt, wo wir noch fast am Anfang sind.

Kontakt: info@roter-salon-hamburg.de

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